zur Übersicht Galerie
biologische KampffuehrungDinge, die es nicht gibt
 
Artikel 32 von 44
KommDesign.de — Galerie — schlechter Empfang

Herzlich grüßt die Rechtsabteilung!
 

Das Web dient der Übermittlung von Information, und wer hierüber einmal genauer nachdenkt, kommt fast zwangsläufig zu dem Schluss, dass im Web Informationen übermittelt werden. Das bleibt sozusagen nicht aus.

Was aber, man sich schon seit Jahrzehnten gegen Mitbewerber mit Zähnen und Klauen verteidigt, Urheberrechte mit Argusaugen überwacht und obendrein noch alle möglichen Dinge strengstens geheim hält? Dann hat man eine hochgerüstete Rechtsabteilung, die beschäftigt werden will. Und wenn die das Internet einmal als Betätigungsfeld entdeckt und die Marketing-Fuzzis über die dort lauernden Gefahren aufgeklärt hat, bleiben gewisse Probleme in der Kommunikation mit den harmlosen Kunden nicht aus. Das folgende Beispiel, das ich der Website von Coca-Cola entnommen habe, zeigt, was ich damit meine. Um es gleich vorab zu sagen: Das Ergebnis ist nicht halb so cool wie das Getränk.

Auf der Splash-Seite (noch nie war der Begriff so zutreffend) der Unternehmenswebsite unter "Coca-Cola.de" fand ich gleich zu Beginn folgenden Hinweis.

 
 
 
Screenshots vom 7. September 2001
 
zum Seitenanfang

Natürlich lese ich den Text sorgfältig (das erste, was eine Website von sich gibt, betrachte oder lese ich immer mit besonderer Sorgfalt).

Wenn Du unsere Homepage anklickst, bist Du mit den dort enthaltenen Hinweisen und Bedingungen für die weitere Nutzung der Website einverstanden.

Nachdem ich den Sinn des Satzes mit einigem Stirnrunzeln entschlüsselt und die Tragweite der Situation begriffen habe, entschließe ich mich als pflichtbewußter (und einigermaßen verwirrter) Verbraucher koffeinhaltiger Erfrischungsgetränke, auf das "Impressum"-Link zu klicken. Sicher ist sicher - schließlich will man sich ja nichts zuschulden kommen lassen. "Konkludente Einwilligung", nennen die Juristen das übrigens. Wer jetzt gleich vorwitzig zur Homepage weiterklickt, hat sein Einverständnis mit Nutzungsbedingungen erklärt, die er gar nicht kennt. Das erinnert mich an das notorische Lizenzfenster, das man beim Installieren neuer Software ignorieren und durch das Markieren eines Kästchens vom Bildschirm verscheuchen muss (den Fehler, das Zeug zu lesen, macht man nur ein Mal).

Und hier nun also das gleiche. Aber wer weiß, möglicherweise verpflichte ich mich mit einem hastigen Klick zur Abnahme eines Kastens "Cherry-Coke"? (Um möglichen Verwicklungen vorzubeugen, möchte ich an dieser Stelle mein subjektives Geschmacksurteil für dieses Erfrischungsgetränk ausdrücklich verschweigen. Ich habe es ohnehin nur ein einziges Mal konsumiert.) Also: Informieren wir uns über die Rahmenbedingungen, bevor es zu spät ist. Lassen Sie uns lesen, was zu beachten ist, wenn man die Website einer vorsätzlichen Nutzung unterziehen möchte - deshalb waren wir ja eigentlich gekommen.

Das Ergebnis des Klicks auf "Impressum" ist ein in feschem Rot uppoppendes Fensterlein, das mich mit seinen ebenso ausführlichen wie vorbildlichen Hinweisen so über die Maßen beeindruckt hat, dass ich Ihnen gerne gleich jetzt und hier einen Eindruck davon vermitteln möchte - was allerdings gar nicht so leicht ist.

...hmmm

So könnte es gehen. Im Folgenden sehen Sie das Ergebnis einer guten halben Stunde Arbeit. Es sind die "Nutzungsbedingungen" der Website von Coca-Cola, aus einem kleinen Popup-Window herausgeschält, zu einem einzigen Screenshot zusammengesetzt und maßstabgerecht auf eine einigermaßen handliche Größe geschrumpft.

 
zum Seitenanfang

Beeindruckend, nicht?

 

Ich kann Ihnen versichern, das war eine ganz schöne Mühe.

 

und es geht immer noch weiter

 

und weiter....

 

 

Gut Ding will Weile.

 

 

Da braucht es eine kleine Pausenmelodie.

 

 

dumdidumdidum...

 

 

I can't beat it....

 

 

didumdidum...

 

 

the real taste...

 

 

...dummdi?

 

 

jetzt habe ich vergessen, wie es weitergeht.

 

 

 

Aah! Hier hat es sich also - endlich - ausimpresst.

 
 
zum Seitenanfang

Nein, es ist kein Witz und auch keine böswillige Unterstellung oder Fälschung, sondern wirklich das Informationsgebirge, dem Sie zustimmen, wenn Sie die Homepage von Coca-Cola anklicken. Zur Erinnerung: Das Unternehmen stellt nicht etwa Lenkraketen, Computerviren, starke Beruhigungsmittel oder gentechnisch manipulierten Frischwurstaufschnitt her (dann hätte ich so einen Beipackzettel vielleicht verstanden). Nein, es geht schlicht um Brausegetränke in verschiedenen Farben und Geschmacksrichtungen.

Und es gibt hier nicht nur reichlich zu lesen, der Inhalt ist auch sensationell spannend, richtig kultig. Leider kann ich hier nur einige kleine Auszüge zitieren. Das ganze Werk zu kommentieren würde mich wahrscheinlich nicht nur meinen Verstand kosten, sondern auch die Geduld meiner Leserinnen und Leser überstrapazieren. (Anmerkung: Um Ihr Augenlicht zu schonen sind die folgenden Zitate in einer 10 pt Schrift wiedergegeben. Im Original bei liegt die Schriftgröße schätzungsweise bei 7,5 - also genau richtig fürs Kleingedruckte.)

Durch den Zugriff und das Durchblättern der Website akzeptieren Sie ohne Einschränkung oder Vorbehalt die Website–Bedingungen und erkennen an, daß sonstige Vereinbarungen zwischen Ihnen und The Coca–Cola Company und/oder der Coca–Cola GmbH bezüglich des Gegenstands dadurch ersetzt werden.

Ich würde das so übersetzen: "Hi, schön, dass Du Dich hier bei uns informierst. Aber jetzt ist für Sie erst einmal Schluß mit Duzen und Text verstehen Können, klar?"

 

"Coca–Cola", "Coke", "Coca–Cola light", "Coke light", "Cherry Coca–Cola", "Cherry Coke", "Fanta", "Sprite", "Sprite light", "Aquarius", "Bonaqa", "Cappy", "Cappy Gold", "Kinley", "Lift", "Mezzo Mix" sind eingetragene Schutzmarken von The Coca–Cola Company, ebenso die Konturflasche, die Fanta Ringflasche, die Sprite Dimple–Flasche, das Rundlogo, das Dynamische Band (Dynamic Ribbon Device), das Design des Coca–Cola Weihnachtsmanns und das Design der Coca–Cola Polarbären (im folgenden alles gemeinsam "Material").

Gut, einverstanden. Ich hatte zwar gerade vor, einen Coca-Cola Weihnachtsmann unter dem Markennamen Cappy Gold Dimple-Flaschen an Polarbären verkaufen zu lassen - aber aus dem Projekt wird jetzt wohl nichts.

 

Das Angebot der Website richtet sich ausschließlich an Nutzer, die in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sind.

Sie sind aus Österreich? Das ist aber schade. Na dann: Servus!

 

Die Coca–Cola GmbH behält sich jederzeit das Recht vor, die vorliegenden Website–Bedingungen durch Aktualisieren dieser Seite zu ändern. Sie sind an diese Änderungen gebunden und sollten daher in regelmäßigen Abständen diese Seite aufrufen, um sich über die aktuellen Website–Bedingungen zu informieren.

Danke sehr. Das eine Mal ist schon mehr als reichlich, ich bin kein Masochist.

 

Die Haftung der Coca–Cola GmbH aus oder im Zusammenhang mit der Nutzung der Website, gleich aus welchem Rechtsgrund, ist beschränkt auf Schäden, die die Coca–Cola GmbH oder deren Erfüllungsgehilfen oder Auftragnehmer vorsätzlich, grob fahrlässig oder bei der Verletzung von für die Erfüllung des Zwecks eines eventuell durch Nutzung der Website zustande gekommenen Vertrages wesentlichen Pflichten leicht fahrlässig herbeigeführt haben.

Hier kann man nicht umhin, bedauerlicherweise festzuhalten zu müssen, dass trotz einer vorsätzlich zu vermutenden Diesbezüglichkeit ein nur in Teilen des Werks gelungenes Herbeiführen eines Verständnisses nicht gänzlich gelungen als zu betrachten ist.

 

Von der Website darf keine Software in folgende Länder heruntergeladen oder in diese exportiert werden: (1) nach (bzw. von einem Staatsangehörigen oder Einwohner von) Kuba, Irak, Libyen, Nordkorea, Iran, Syrien oder in ein sonstiges Land, für das die USA Handelsbeschränkungen erlassen hat, oder (2) an Personen, die auf der Liste des US–Finanzministeriums für "Specially Designated Nationals" stehen oder auf der "Table of Deny Orders" des US–Handelsministeriums.

Zum Glück habe ich das noch rechtzeitig erfahren. Bei meinen intensiven Kontakten nach Nordkorea... Nicht auszudenken, was da hätte passieren können.

 
 
zum Seitenanfang

Und es gibt noch viele andere Perlen der (juristischen) Online-Kommunikation in diesem Riesenwortsalat, die ich hier leider schuldig bleiben muss. Das Ganze wirkt, als ob man eine Kreuzung aus Fanz Kafka und einem pensionierten Staatsanwalt als Texter engagiert hätte. Außerdem paßt diese Begrüßungstechnik zum coolsten Drink unter der Sonne etwa so gut wie die Teletubbies an die Decke einer romanischen Kapelle.

Also fassen wir zusammen: Eine paranoide Haltung gegenüber der Veröffentlichung von Informationen verträgt sich nicht mit dem Betreiben einer Website. Wer sich nur sicher fühlt, wenn er den Zugang zu seinem Angebot mit mit einem juristischen Minenfeld umgibt und dabei umständlichstenst auf Rechte pocht, die er ohnehin hat, macht sich - mit Verlaub - lächerlich. Hätten Sie geahnt, dass Coca-Cola die Rechte an Coca-Cola hat? Dass das Klauen von Material aus Websites verboten ist? Dass es nicht so nett ist, wenn man in einem Forum auf einer Website zum Quälen von Tieren aufruft? Eben.

Die Rechtsabteilung soll den juristischen Sermon meinetwegen absondern dürfen, vielleicht geht es auch nicht anders. Aber sie sollte das um Gottes Willen nicht gleich auf den ersten beiden Seiten tun, die ein Gast zu sehen bekommt, und wenn, dann um Gottes Willen nicht in dieser Form.

Dabei wäre alles ganz einfach, wenn man - so, wie auf der ersten Splash Seite - die Sprache der Benutzer sprechen würde. Ich würde da etwa folgendermaßen texten:

§ 1 Wage es ja nicht, hier etwas anzufassen!
§ 2 Das gehört alles uns!
§ 3 Wir übernehmen keine Haftung für gar nichts!
§ 4 Wenn Dir etwas passiert, bist Du selbst schuld!
§ 5 Keine Cola für Fidel Castro und Saddam Hussein!
§ 6 Wenn Du nicht auf unsere Warnung hörst, machen wir Dich fertig

Alles klar? Dann kannst Du jetzt unsere Homepage besuchen.

Moment noch! Eben fällt es mir wieder ein:

I can't beat the fee-hee-ling!

 
zum Seitenanfang

Für alle Fälle: Warum ich hier ungeachtet der anderslautenden Bestimmungen im Impressum von "www.coca-cola.de" ohne Gefahr für Leben und Gesundheit Teile aus der Website der Coca-Cola Company wiedergeben darf

"Grundsätze der Zitierfreiheit regelt § 51 UrhG. Insbesondere § 51 Nr.1 UrhG erlaubt die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe einzelner bereits erschienener Werke auch ohne Zustimmung des Urhebers, insofern diese in einem selbständigen wissenschaftlichen Werk zur Erläuterung des Inhalts und in einem durch diesen Zweck gebotenen Umfang aufgenommen werden. Der Begriff des wissenschaftlichen Werkes ist dabei weit zu ziehen. Allerdings (...) muß das Werk selbständig sein, wobei es nicht als ausreichend anzusehen ist, wenn fremde Werke lediglich gesammelt werden. Die eigene geistige Leistung muß erkennbar sein und gleichzeitig ein reales Verhältnis zur Auslese der Zitate bieten. (...). Dabei liegt ein zulässiges Zitat nur dann vor, wenn eine innere Verbindung zwischen zitierendem und zitiertem Werk besteht. Hierzu darf das Zitat nur als Beleg bzw. Hilfsmittel fungieren und muß gegenüber dem Hauptwerk zurücktreten."
(Quelle: http://home.fhtw-berlin.de/~s0146047/info_urhg.htm)

Bei Rückfragen setzen Sie sich bitte mit meinem Rechtsanwalt in Verbindung.

 
zum Seitenanfang
zur Übersicht Galerie
biologische KampffuehrungDinge, die es nicht gibt

 
© Dr. Thomas Wirth Kommunikationsdesign - eMail: thomas.wirth@kommdesign.de
letzte Änderung dieser Seite am
URL dieser Seite: www.kommdesign.de/galerie/empfang/rechtsabteilung.htm